Pressemitteilung
Schwerin, den 06. 10.2025 – Flüchtlingsrat M-V warnt vor massiven Einschränkungen der Rechte von Schutzsuchende und hohen Kosten für die Länder durch das GEAS-Anpassungsgesetz
Der Bundestag befasst sich am 09.10.2025 in erster Lesung mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz, Drucksache 21/1848). Der Entwurf geht weit über die europäischen Vorgaben hinaus – mit gravierenden Folgen für die Rechte von Schutzsuchende und die Länderhaushalte.
Haftähnliche Einrichtungen für Schutzsuchende
Besonders kritisch ist die geplante Möglichkeit für die Bundesländer, sogenannte „Aufnahmeeinrichtungen für Verfahren der Sekundärmigration“ einzurichten. Betroffen wären vor allem Geflüchtete, die bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden – also ein Großteil der Schutzsuchenden in Deutschland. Diese Einrichtungen kämen faktisch haftähnlichen Zentren gleich. Geflüchtete sollen dort bis zu 24 Monate, Familien mit Kindern bis zu 12 Monate wohnen müssen. Teils sind Ausgangsbeschränkungen vorgesehen, die das Verlassen nur zu Behörden- oder Gerichtsterminen erlauben.
Für besonders schutzbedürftige Personen – etwa Opfer von Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt oder Menschen mit Behinderung – bedeutet diese Unterbringung eine zusätzliche Belastung. Der Zugang zu externer Beratung, psychosozialer Unterstützung und medizinischer Versorgung wird massiv erschwert.
Eine solche Praxis ist weder unionsrechtlich vorgeschrieben noch rechtlich vertretbar.
Haft auch für Kinder und andere besonders Schutzbedürftige
Künftig sollen selbst Kinder in Ausnahmefällen inhaftiert werden dürfen – ausgerechnet mit der Begründung, dies könne „dem Kindeswohl“ entsprechen.
„Die Regelung widerspricht der UN-Kinderrechtskonvention. Das Kindeswohl wird hier zynisch instrumentalisiert, um Haft zu legitimieren. Das ist eine gefährliche Verdrehung menschenrechtlicher Standards.“, erklärt Sabine Ziesemer, Co-Geschäftsführerin des Flüchtlingsrat.
Auch andere besonders Schutzbedürftige wie zum Beispiel Schwangere, Menschen mit Behinderungen sowie Opfer von Folter oder sexualisierter Gewalt sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen inhaftiert werden können.
Kostenlawine für die Länder
Neben den menschenrechtlichen Bedenken drohen erhebliche finanzielle Belastungen für die Bundesländer. Die Einrichtung und der Betrieb geschlossener, haftähnlicher Aufnahmeeinrichtung ist kostenintensiv: zusätzlicher Personalbedarf, neue Verwaltungsstrukturen, erweiterter und erhöhter IT-Einsatz und umfassende Sicherheitsmaßnahmen.
Ein Beispiel: Die Abschiebehaftanstalt Glückstadt verursachte 2023 Kosten von 5,52 Mio. Euro für 14 Haftplätze – rund 394.300 Euro pro Platz und Jahr.
Für Mecklenburg-Vorpommern würde die Umsetzung des GEAS-Anpassungsgesetzes angesichts der angespannten Haushaltslage bedeuten: neue Schulden oder Kürzungen bei sozialen Leistungen.
„Mecklenburg-Vorpommern darf sich nicht an einem System beteiligen, das Kinder in Haft bringt, Menschenrechte untergräbt und gleichzeitig Haushalte überfordert – das ist weder mit unseren humanitären Grundwerten noch mit verantwortungsvoller Haushaltspolitik vereinbar“, so die Geschäftsführerin vom Flüchtlingsrat.
Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V. fordert die Landesregierung auf, sich im Bundesrat entschieden gegen die geplanten Verschärfungen über EU-Recht hinaus zu positionieren, sich klar für die Einhaltung der Menschenrechte und internationalen Konventionen einzusetzen und keine haftähnlichen Einrichtungen für Schutzsuchende im Land zuzulassen.
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