Bezahlkarte für Geflüchtete: Flüchtlingsrat fordert Diskriminierungsfreiheit

Pressemitteilung

28.02.2024

Noch bis zum 19.03.2024 läuft die Ausschreibung für die Einführung eines Bezahlkartensystems für Auszahlung von Leistungen gemäß AsylbLG in M-V (220-016-LW-24).

Mecklenburg-Vorpommern geht wie Bayern einen Sonderweg und hat selbständig ausgeschrieben.

Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern erklärt dazu:

Die neue Bezahlkarte sollte diskriminierungsfrei wie eine echte Kontokarte funktionieren, so dass die Geflüchteten endlich die Sicherheit haben, nicht mit Bargeld für einen ganzen Monat herumlaufen zu müssen. Zugleich wäre die Übertragung der Leistungen auf die Karte eine echte Verwaltungsvereinfachung. Geflüchtete müssten nicht jeden Monat zum Auszahlungstermin ins Amt oder in der Unterkunft anwesend sein.

Kritisch sehen wir bei der Einführung der Karte die Umsetzung des Datenschutzes. Behörden könnten jede einzelne Zahlung „kontrollieren“. Das muss ausgeschlossen werden. Eine weitere Diskriminierung wäre gegeben, wenn es nicht möglich ist, Überweisungen vorzunehmen oder entsprechende Summen Bargeld abzuheben. Das würde gegebenenfalls dazu führen, dass Geflüchtete ihre Rechtsanwält*innen nicht bezahlen können. Diese Einschränkung des effektiven Zugangs zum Recht ist nicht zulässig.

Ungeklärt ist aus Sicht des Flüchtlingsrates noch die Frage nach der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 18. Juli 2012 zum sicherzustellenden persönlichen Bedarf und zur freien Verfügbarkeit von Mindestmitteln für die soziale Teilhabe. Ein prägender Satz aus der Urteilsbegründung war: »Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.« Menschenrechte sind unteilbar und nicht relativierbar. Das gilt auch heute.

Zum Datenschutz und zum persönlichen Bedarf könnten Klagen auf die Behörden zukommen.

Die diskriminierungsfreie Ausgestaltung der Bezahlkarte in Hannover zeigt andererseits, dass ein Kartensystem dazu beitragen kann, Verwaltungsstellen einzusparen.

Der Flüchtlingsrat weist die in der Debatte betonte Unterstellung zurück, Geflüchtete würden Gelder in Größenordnung ins Ausland überweisen, um Schlepper zu bezahlen, oder die Betonung der Flüchtlingsabwehr, es gäbe einen Pull-Effekt durch Auszahlung von Bargeld. Die Existenz von Pull-Effekten ist eine Annahme der Forschung der 1950er Jahre und längst widerlegt. Jeder Satz dieser Debatte zahlt aktuell auf das Konto der AfD ein. Sie hat den Rahmen gesetzt. Demokratische Politik sollte dem nicht folgen.

Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern: „In den Erstaufnahmeeinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern gibt es überwiegend Sachleistungen. Lediglich ein Taschengeld von knapp 150 Euro im Monat wird aktuell an eine alleinstehende erwachsene Person ausgezahlt. Was will man da noch einschränken?“

(Image by Henning from Pixabay)