Afghanistan ist nicht sicher – Abschiebe-Stopp nach Afghanistan

Folgende Pressemitteilung haben wir heute veröffentlicht

Afghanistan ist nicht sicher – Abschiebe-Stopp nach Afghanistan

Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern fordert Innenminister Caffier auf, keine Geflüchteten nach Afghanistan abzuschieben.

Trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage im Land hat der Bundesinnenminister angekündigt, noch vor Weihnachten, ca.50 Menschen nach Afghanistan abzuschieben. Der Flüchtlingsrat MV fordert die Landesregierung auf, sich nicht an den geplanten Abschiebungen nach Afghanistan zu beteiligen. Abschiebungen nach Afghanistan bedeuten für die Betroffenen Rückkehr in lebensgefährliche Zustände.

In Afghanistan kann von Sicherheit keine Rede sein: Vielerorts kommt es zu heftigen Kämpfen, Bombenanschläge sind an der Tagesordnung, Teile des Landes kontrollieren die Taliban. Durch die bewaffneten Konflikte verlieren jedes Jahr Tausende Menschen ihr Leben, ihre Häuser, ihre Lebensgrundlage. Hunderttausende Afghanen befinden sich bereits auf der Flucht – viele davon als Binnenflüchtlinge oder in den direkten Nachbarländern. Afghanische Sicherheitsbehörden sind nicht in der Lage, Schutzbedürftige Hilfe zu leisten.

Dazu erklärt Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrates: „Über 1.600 Tote und 3.500 Verletzte in der afghanischen Zivilbevölkerung im ersten Halbjahr 2016 sprechen eine deutliche Sprache: Afghanistan ist nicht sicher. Abschiebungen dorthin sind nicht zu verantworten. Auch Hinweise auf Mazar-I-Sharif oder Kabul als so genannte sichere Inseln zählen nicht, spätestens nicht seit dem Anschlag auf das deutsche Konsulat am 10.11.2016. Zigtausende Binnenflüchtlinge in Afghanistan, Obdachlosigkeit in den Städten und verheerende wirtschaftliche Lage der Menschen tragen nicht zu deren Sicherheit bei. Im Gegenteil: Jeder Mensch, der zusätzlich in diese Verhältnisse kommt, verschärft die Lage. Fluchtursachenbekämpfung geht anders.“

Nach Auskunft des Innenministeriums MV betrifft dies derzeit ca. 60 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die von einer Abschiebung nach Afghanistan bedroht sind.

Trotz der verschärften Lage in Afghanistan liegt die Anerkennungsquote für afghanische Flüchtlinge in Deutschland relativ stabil bei ca. 50%. Asylanträge von mehr als 14.000 Afghan*innen wurden 2016 bereits abgelehnt. Das Bundesamt entscheidet oft ohne Berücksichtigung der individuellen Fluchtgründe. Das soll der Abschreckung dienen und die Botschaft vermitteln: Kommt nicht nach Deutschland.

Und auf Ablehnungen sollen Abschiebungen folgen. Mit dem Abschluss des afghanisch-deutschen Rückübernahmeabkommens rücken massenhafte Abschiebungen näher, die den Großteil der betroffenen Menschen Unsicherheit, Elend und Gefahren aussetzen werden.

Deswegen setzt sich der Flüchtlingsrat MV über die Abschiebe-Stopp-Forderung hinaus dafür ein, dass Asylverfahren fair und sorgfältig durchgeführt werden. Afghan*innen muss der Zugang zu Integrations- und Sprachkursen während der laufenden Asylverfahren von Anfang an ermöglicht werden.

Um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und Geflüchtete über ihre Rechte zu informieren, hält der Flüchtlingsrat MV derzeit in verschiedenen Städten des Landes Vernetzungstreffen ab. Engagierte und Interessierte sind herzlich willkommen.

Hintergrund

Sicherheit in Afghanistan

Zivile Opfer in Afghanistan

Anerkennungsquoten im Asylverfahren

IM MV: „In Mecklenburg-Vorpommern leben nach Angaben des Ausländerzentralregisters 1.551 Asylbewerber aus Afghanistan. Zum Stichtag 31. August 2016 waren 12 Personen afghanischer Herkunft vollziehbar ausreisepflichtig bzw. 45 Personen afghanischer Herkunft ausreisepflichtig und im Besitz einer Duldung wegen fehlender Dokumente.“ (Email vom 18.11.2016)